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Umschulung zum Industriemechaniker in Speyer

24.06.2019

„Die beste Entscheidung meines Lebens“

Rouhllah Nouri ist einer von 17 Umschülern zwischen 22 und 49 Jahren, die gerade ihre Prüfung zum Industriemechaniker abgelegt haben. „Es ist ein großes Glück für mich, dass ich diese Umschulung machen konnte“, sagt er.
Er ist in Afghanistan geboren, hat im Iran gelebt und ist 1999 von dort nach Deutschland gekommen. Im Heimatland hatte er im Elektrobereich gearbeitet. „Aber das war keine Ausbildung wie in Deutschland.“ Hier ist er zunächst bei einem Bauunternehmen beschäftigt, später als LKW- und Taxifahrer, schließlich arbeitet er als Vorstandsfahrer bei einem Mannheimer Unternehmen. Die unregelmäßigen Arbeitszeiten sind allerdings nicht sehr familienfreundlich. Hinzu kommt, dass der zweifache Familienvater bereits 35 Jahre alt ist und endlich eine Ausbildung machen möchte, denn mit zunehmendem Alter wird es immer schwieriger. „In Deutschland ist es einfach wichtig, eine Ausbildung zu haben“, sagt er. Sein Interesse liegt im Metallbereich. Als er sich arbeitssuchend meldet, schlägt ihm die Agentur für Arbeit in Ludwigshafen die Umschulung beim VFBB e. V. in Speyer vor, die in Kooperation mit der Ausbildungswerkstatt der PFW Aerospace GmbH und der GABIS GmbH durchgeführt wird. Er bewirbt sich sofort.

Schon im Bewerbungsverfahren tritt er motiviert auf und überzeugt mit seiner Persönlichkeit. „Seine Beurteilung war derart positiv, wir mussten ihn einfach nehmen“, erinnert sich VFBB-Betreuer Jörg Martin. Während der Umschulungsdauer sind zwei Praxisphasen von insgesamt neun Monaten in einem Kooperationsbetrieb vorgesehen. Für das erste Praktikum bewirbt sich Herr Nouri bei der Engelsmann AG in Ludwigshafen. „Ein Fußballkollege arbeitet dort, er hat mir von dem Unternehmen erzählt, dann habe ich mich dort beworben und wurde genommen“, erzählt er. „Nach ein paar Wochen hatte ich mich schon etwas eingearbeitet, es hat viel Spaß gemacht.“ Nach der ersten Praxisphase geht die Umschulung wieder in der Ausbildungswerkstatt der PFW weiter. Doch noch vor Abschluss des ersten Praktikums bekommt er die Zusage vom Meister, dass er auch sein zweites Praktikum bei Engelsmann machen kann.

„Viele Betriebe haben Vorurteile, wenn man sich mit 35 als Umschüler bewirbt und vorher ohne Ausbildung gearbeitet hat“, sagt er. „Wenn man schon im Praktikum da war, hat man viel bessere Chancen.“ Im Betrieb ist er zunächst im Team Maschinenbau eingesetzt, zeigt aber bald Interesse für den Bereich Instandhaltung, lernt viel von dem zuständigen Mitarbeiter und arbeitet ihm gerne zu. Vom Meister kommt daraufhin der Vorschlag, dass er in diesem Bereich bleiben und sich weiter einarbeiten kann. Diesen Vorschlag nimmt er gerne an. „Das war für mich wie ein Sechser im Lotto. Genau das wollte ich“, berichtet Rouhllah Nouri. Nach dem zweiten Praktikum nahm der Meister Herr Nouris Facharbeiterbewerbung entgegen, die mündliche Beschäftigungszusage ab 1. Juli 2019 kam schon bald.
Marco Krumbacher, Meister bei der Engelsmann AG, erklärt: „In den kommenden Jahren gehen Mitarbeiter in Rente. Wir haben Herrn Nouri neun Monate lang im Betrieb kennengelernt und von Anfang an lief alles tipptopp. Wir können ihn hier sehr gut einsetzen, deshalb wollen wir ihn als Fachkraft behalten.“

„Mit der Umschulung hatte ich großes Glück“, sagt Rouhllah Nouri rückblickend. Und sein Erfolg gibt ihm Recht. „Die finanzielle Förderung der GABIS GmbH, die praktische Ausbildung in der PFW-Ausbildungswerkstatt, der Unterricht beim VFBB e. V. und vor allem die zwei Praktika bei der Engelsmann AG – alles war sehr gut für mich.“

Erich Zimmermann ist Ausbilder bei der PFW Aerospace GmbH in Speyer und hat die Umschüler 28 Monate lang betreut. „In der Gruppe aus 17 Teilnehmern verschiedenster Altersgruppen und Nationalitäten nahm Herr Nouri die Rolle des ruhenden Pols ein, was insgesamt der Gruppe zugutekam.“ So beschreibt er ihn. „Herr Nouri war immer an neuen Themen interessiert und konnte diese fachgerecht umsetzen, er war engagiert und mit viel Sachverstand dabei. Wir wünschen ihm alles Gute für seinen weiteren beruflichen Weg.“

Wer eine Umschulung erfolgreich abschließen möchte, muss viel Fleiß und Engagement mitbringen, um sich die Lerninhalte in kurzer Zeit anzueignen. Während für die reguläre Ausbildung dreieinhalb Jahre zur Verfügung stehen, müssen Umschüler alle Kenntnisse und Fertigkeiten in 28 Monaten beherrschen. Wer den entsprechenden Einsatz zeigt, hat anschließend in diesem gefragten Metallberuf gute Chancen am Arbeitsmarkt.
Ende Juni 2019 gibt die IHK Pfalz die Prüfungsergebnisse bekannt, danach erhalten die 17 Absolventen ihren Facharbeiterbrief sowie ein Zertifikat.

Herr Nouri versprach sich von der Umschulung eine dauerhafte berufliche Perspektive in der Industrie – diese hat er sich nun erfolgreich erarbeitet. Ab 1. Juli 2019 ist er bei der Engelsmann AG in Ludwigshafen beschäftigt. Bereits Mitte Juni hat die Hälfte seiner 16 Mitschüler schon die mündliche oder schriftliche Zusage für einen Arbeitsvertrag bzw. eine konkrete Perspektive. Alle stehen sie der Industrie als gefragte Fachkräfte zur Verfügung.

Die Förderung im „Speyerer Modell“ ist einzigartig:
Mit einem Bildungsgutschein der Agentur für Arbeit oder des Jobcenters absolvieren Teilnehmer eine Umschulung zum Industriemechaniker in 28 Monaten, um ihre Chancen am Arbeitsmarkt zu verbessern. Der VFBB e. V. führt die Maßnahmen durch und betreut die Teilnehmer während der gesamten Umschulungszeit. In der Ausbildungswerkstatt der PFW Aerospace GmbH in Speyer findet der praktische Teil der Ausbildung statt, in zwei Praxisphasen (je 4 bis 5 Monate) können die Umschüler Erfahrungen bei Kooperationsbetrieben sammeln. Begleitend dazu nehmen die Umschüler am theoretischen Unterricht beim VFBB e. V. teil. Alle erhalten von der GABIS GmbH eine monatliche Zusatzförderung von 400,- Euro, die nicht auf das Umschulungsgeld der Agentur für Arbeit angerechnet wird und zur Existenzsicherung der Teilnehmenden während der Umschulungsdauer beiträgt.

Zwischenbilanz
Die Umschulung Industriemechaniker wurde seit 2014 bereits drei Mail durchgeführt und hat mittlerweile 46 Fachkräfte an den Arbeitsmarkt gebracht. Einige von ihnen besuchen eine weiterführende Technikerschule. Am 1. April 2019 startete die vierte Umschulung im bewährten „Speyerer Modell“ mit 18 Personen.